Brexit und Umsatzsteuer

Union Jack

Das Austrittsabkommen mit dem Vereinigten Königreich sieht eine Übergangsfrist bis 31.Dezember 2020 vor, in der für das Vereinigte Königreich sowie im Vereinigten Königreich das EU-Recht weiterhin gilt. In dieser Übergangszeit treten im Bereich der Umsatzsteuer daher keine Änderungen ein.

Nach Artikel 51 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (2019/C 384 I/01) findet die Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG insgesamt noch fünf Jahre nach Ende des Übergangszeitraums (bis 31. Dezember 2024) Anwendung auf die Rechte und Pflichten von umsatzsteuerpflichtigen Personen in Bezug auf vor Ende des Übergangszeitraums (31. Dezember 2020) erfolgte grenzüberschreitende Umsätze zwischen dem Vereinigten Königreich und einem Mitgliedstaat.

Anträge auf Vorsteuerrückerstattung nach der Richtlinie 2008/9/EG sind spätestens am 31. März 2021 zu stellen.

Zukünftig wird es im Zusammenhang mit britischen Unternehmen nicht mehr möglich sein, mittels Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID-Nummer) die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft des britischen Geschäftspartners festzustellen. Die Bestätigung der Unternehmereigenschaft wird in erster Linie durch Vorlage einer Unternehmerbescheinigung der ausländischen (britischen) Finanzverwaltung erfolgen müssen.

Unabhängig davon, ob und wann das Vereinigte Königreich die Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ändert, gelten ab dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Drittstaatenstatus erlangt, für die grenzüberschreitenden Leistungsverhältnisse (Warenverkehr und sonstige Leistungen) neue Regelungen, die es zu beachten gilt.

Warenverkehr

Warenlieferungen österreichischer Unternehmer in das Vereinigte Königreich stellen künftig keine innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr dar. Vielmehr liegt eine Ausfuhrlieferung vor, welche bei Vorliegen folgender Voraussetzungen umsatzsteuerfrei ist:

  1. der Gegenstand wird entweder durch den Lieferanten oder den ausländischen Abnehmer ins Drittland befördert oder versendet
  2. es liegt ein Ausfuhrnachweis vor
  3. die Voraussetzungen müssen buchmäßig nachgewiesen werden

Als Drittland könnte das Vereinigte Königreich auch geänderte Zollvorschriften einführen, welche es zu beachten gilt.

Analog dazu gelten Warenlieferungen aus dem Vereinigten Königreich nach Österreich nicht mehr als innergemeinschaftliche Erwerbe, sondern als einfuhrumsatzsteuerpflichtige (EUSt) Einfuhren. Die Einfuhrumsatzsteuer kann jedoch grundsätzlich als Vorsteuer geltend gemacht werden.

Eine Sonderform von Reihengeschäften stellt das Dreiecksgeschäft dar, an dem drei EU-Unternehmer beteiligt sind. Werden künftig Warenlieferungen im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts unter Einbindung eines Unternehmers aus dem Vereinigten Königreich durchgeführt, so sind die Vereinfachungsregelungen, welche lediglich zwischen EU-Mitgliedstaaten gelten, nicht mehr anwendbar.

Sonstige Leistungen

Die Grundregel (B2B) besagt, dass sonstige Leistungen dort ausgeführt werden, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Das bedeutet, dass bei Dienstleistungen grundsätzlich das Bestimmungslandprinzip zur Anwendung kommt und dies unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger in einem EU-Mitgliedsland oder in einem Drittland ansässig ist (für bestimmte Leistungen gelten Ausnahmen vom Bestimmungslandprinzip). Liegt umsatzsteuerlich der Leistungsort des österreichischen Unternehmers im Ausland, so ist dieser in Österreich nicht umsatzsteuerbar. Die Umsätze sind in diesem Fall weder in der österreichischen Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) noch in der Jahresumsatzsteuererklärung anzugeben (für aufgrund der Grundregel im EU-Ausland steuerbare sonstige Leistungen ist jedoch eine Zusammenfassende Meldung zu erstellen).

Wird eine solche sonstige Leistung innerhalb der EU erbracht, geht grundsätzlich mittels Reverse Charge die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger über. Ist der Umsatz im Drittland steuerbar und steuerpflichtig, kommt das jeweilige (nicht harmonisierte) Steuerrecht dieses Staates zur Anwendung. Das bedeutet, dass es zukünftig zu einer steuerlichen Registrierungspflicht des österreichischen Unternehmers im Vereinigten Königreich kommen könnte.

Das Vereinigte Königreich ist als Drittstaat nicht mehr an die Vorschriften der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gebunden und daher grundsätzlich frei in der Wahl von Steuerbefreiungen, Bestimmungen zum Leistungsort und beim Übergang der Steuerschuld oder auch beim Steuersatz.